Mai 2022

Wohnimmobilien auch in der Krise im Höhenflug

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie steigen die Preise für Wohnimmobilien noch stärker. Der Boom auf dem deutschen Immobilienmarkt hält trotz des Ukraine-Kriegs nach Daten des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) auch im ersten Quartal an. Insgesamt sind die Preise für Immobilien im Auftaktviertel 2022 binnen Jahresfrist um rund 9 % gestiegen, teilte der vdp im Mai 2022 mit.

Bei Wohneigentum lag das Preisplus sogar bei 11 %. Die Preise für Gewerbeimmobilien sind dagegen nur um rund 2 % angezogen. Der Immobilienpreisindex des Verbandes hat mit 191 Punkten insgesamt einen neuen Höchstwert erreicht.

Seit 2022 steigen auch die Bauzinsen. Die Lieferketten-Unterbrechungen durch den Exportausfall von Russland und der Ukraine machen Energie, Material und Handwerk vielfach extrem teuer. Die Mega-Lockdowns in China verschärfen die Materialausfälle in Deutschland und heizen die Inflation an. Droht die Immobilienblase zu platzen?

Seit 2010er Jahren dachten die meisten, die Immobilienpreise haben Höchststände erreicht. Dies galt nicht nur für den Residential-, sondern auch für den Commercial-Markt. Doch auch in 2022 verteuern sich Mieten und Kaufpreise weiter. In Berlin und Hamburg, wie auch in anderen Wachstumsstädten. Mitunter ist die größte Überraschung nicht, was passiert - sondern, was nicht passiert. Zum Trotz der Untergangspropheten gab es keinen Markt-Crash, keinen Finanz-Crash und auch keinen Euro-Crash. Gleichwohl haben sich die fundamentalen Kipp-Punkte hierzu sichtbar weiter aufgebaut.

Die so oft beschworene Immobilienblase, die sich durch ein zu großes Volumen von Anleger- und Notenbank-Geld aufgebläht hat, verstehen zahlreiche real Estate Think Tanks als krasse Übertreibung. Sie zeigt sich angeblich in den seit 12 Jahren steigenden Kauf- und Mietpreisen. Davor warnte erstmalig die Deutsche Bundesbank und die Deutsche Bank im Januar 2022. Laut „Blasenindex“ namhafter Analysten befindet sich der deutsche Wohnungsmarkt bereits in einer „Hochrisiko-Zone“.

Einer der bekanntesten Immobilienexperten in Deutschland, Michael Voigtländer, vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) relativiert die Blasenbewertung: „Preisübertreibungen sehe ich nicht. Die Preise für Häuser und Wohnungen sind seit 2010 um 130 % gestiegen. Gleichzeitig erkenne ich keine Hysterie beim Immobilienkauf“. Gleichwohl sollte über die Blase und die historische Preisentwicklung gesprochen werden. Denn viele Entwickler und Anleger haben die Sorge, dass der zukünftige Neubau-Markt traumtänzerisch in eine epochale Krise gerät. Denn zu viele Unsicherheiten ereignen sich in 2022 simultan. Inzwischen erleben wir die Multi-Krise.

Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Verteuerung bei Energie und Material sind für immer mehr ein Weckruf im Traum von auf ewig sicheren Margen. Wenn die Preise weiter steigen, werden zahlreiche Lieferanten keine Festpreise mehr anbieten können. Bei verschärfter Materialverknappung - nachdem die Lager irgendwann blank sind - können dann immer mehr Bauträger vielfach gar nicht mehr tätig werden. Der Zins-anstieg in den USA und Europa wird erste Schockwellen in der Finanzindustrie und damit auch im Immobilienmarkt auslösen. Die Finanzierungskosten werden steigen. Und die Kreditanforderungen werden verschärft.

Ein nie dagewesenes Vervielfältiger-Niveau sollte ebenfalls Teil der Gesamtanalyse sein: Die Kluft zwischen Hauswerten und Ertragswerten wird vermutlich mittelfristig nicht fortbestehen können. Der Rat der Frühjahrsweisen publiziert in seinem Frühjahrsgutachten 2022, dass Haus- und Wohnungskäufer inzwischen 33 bis 47 Jahres-Mieteinnahmen bezahlen müssen. Vor 10 Jahren lag der Vervielfältiger zwischen 20 und 25.

Die alten Vervielfältigern sind aufgrund neuer Rahmenbedingungen überholt. Der historisch niedrige Zins hat die Preismaßstäbe grundlegend verändert“, ergänzt IW-Experte Michael Voigtländer. Die bekanntesten Marktanalysten sind sich einig: Die Corona-Pandemie war der Plausibilitätstest zur Systemsolidität. Es war der Proof of Concept zum Preisniveau. Trotz vielfach großer Unsicherheiten stiegen die Preise zwischen 2020 und 2022 sogar zweistellig. Allein im Jahr 2021 um 14 %.

Ende Mai 2022 berichten immer mehr Fachmedien, dass der Preisboom im Wohnungsmarkt wohl beendet ist. Zumindest an den bisher boomenden Standorten. Bei Kreditzinsen von rund 3 % ist eine Wohnung in München als Kapitalanlage ist für die 50-fache Jahresnettomiete nicht mehr rentabel. Der Einzelvertrieb muss sich hier etwas einfallen lassen müssen. Statt direkter Preissenkungen kann man das Produkt optimieren. Zum Beispiel mit einer Einbauküche oder einem Tiefgaragenstellplatz.

Bei Property Development bestätigen uns diese Fundamentaldaten, dass der Wohnungs- und Häusermarkt erst dann systemisch instabil wird, wenn die Einkommen der Käufer und Mieter unsicher werden. Eine verschärfte Preisinflation oder eine radikalisierte Entlassungswelle aufgrund einer eskalierenden Energie- und Materialkrise sollte man einpreisen. Inzwischen befinden wir uns in einer Stagflation: dem Zusammentreffen von Inflation und rückläufiger Kaufkraft. Gleichzeitig sind Krisen auch Chancen, wenn das Immobilienkonzept fundamental gesicherte Nachfrage hat. Hierzu entwickelt Property Development Grundstücke für resiliente Bauvorhaben.

WEITERLESEN

Weitere Markt- und Produktreports


In der Zeitenwende droht Kurzarbeit und Stillstand
Kennziffern zur Preisspirale im Zeitenwandel
Entwickler im Wohnungsmarkt unter Druck
Geopolitische Dominoeffekte treffen Immobilien