Mai 2022

Kennziffern zur Preisspirale im Zeitenwandel

Neben der Energie sind ausbleibende Rohstoffe aus der Ukraine und Russland ein Problem für viele Bauherren. Dies gilt zum Beispiel für Ton zur Herstellung von hochwertigen Fliesen. Hinzu kommen fehlende Kabelbäume und elektronische Bauteile wie Chips und Schalter für die Haustechnik. Pandemie, Ukraine-Krieg sowie ausbleibende Containerverschiffung aus China legen in 2022 die globale Lieferketten-Abhängigkeit offen. Eine weitere Folge der globalen Mangelwirtschaft: Hamsterkäufe und hohe Frachtkosten verstärken das Problem.

MANAGING THE NEW NORMAL: 

Wir empfehlen deshalb ein Lieferketten-Umdenken. Bisher war Just In Time das Geschäftsmodell. Das Materiallager war der Spediteur mit Schiff, Bahn und Lkw. Dieser Ansatz der Kostenreduktion ist inzwischen überteuert und kann im Worst Case die Existenz kosten. Just In Case ist der neue Supply Spirit. Mit regionalen Lieferanten und im Best Case verfügbaren Rohstoffen aus Europa.

Die unkalkulierbar gewordenen Preise sind neben den Lieferschwierigkeiten beim Material das größte Problem im Construction Update seit dem März 2022. Von vielen Lieferanten gibt es nur noch tagesaktuelle Preise. Rund 80 % der Bauunternehmen bekommen von ihren Zulieferern überhaupt keine Preiszusagen mehr, berichtet der Deutschen Bauindustrie (HDB) in seinem letzten Marktbericht. In der Folge nehmen große Projektentwickler am deutschen Markt ihre Vorhersagen im Mai 2022 sukzessiv zurück. Die Anleger reagieren verschreckt. Die Aktienkurse zahlreicher Immobilienhäuser reduzieren sich mehrfach um bis zu 40 %.

Beispiel Betonstahl: 

Allein im März legten die Preise für Bewehrungsstahl um fast 20 % gegenüber dem Vormonat zu. Damit ist Stahl 60 % teurer als im Vorjahr. Zudem trifft die Baufirmen der Preisanstieg beim Diesel. Knapp die Hälfte der benötigten Energie im Baugewerbe besteht aus Dieselkraftstoff. Um die Kostensteigerung abzufedern, erhöhen Bauunternehmen die Preise um meist 30 %. Oder verlangen Preis-Gleitklauseln. Doch nur ein Drittel der Auftraggeber stimmen solchen Klauseln zu. Im Ergebnis geben 35 % der Bauunternehmen gar keine neuen Angebote mehr ab, berichtet der HBB im Mai 2022.

Die steigenden Energiepreise werden den Immobilienmarkt auch auf der Nutzerseite, den Mietern, hart treffen. Bereits im ersten Quartal 2022 sind die Verbraucherpreise um 30 % gestiegen. Wie hoch diese bis zum Ende des Jahres weiter steigen und ob dies das „Neue Normal“ ist, kann kein Analyst einschätzen. Schon vor der Krise waren hohe Preise für viele Haus- und Wohnungsmieter ein Problem. Nun könnten steigende Nebenkosten dafür sorgen, dass zahlreiche Mieter nicht mehr in der Lage sind, die Bruttomiete zu bezahlen.

Welche Baustoffe werden wie teuer? Und woran liegt das? 

Hier folgen Basiswerte vom März 2022.

Holz:            + 44 %

Zwar sieht der Preisanstieg gegenüber letztem Jahr dramatisch aus. Tatsächlich ist es jedoch ein Stagnationssignal. Denn 2021 verdoppelte sich der Holzpreis. Ursache waren immenser Hausbau in den USA und Exporteinschränkungen in Kanada und Russland. In 2022 normalisiert sich der Preis langsam wieder.

Kupfer:        + 22 %

Auf dem Bau benötigt man Kupfer für Heizungen und Elektroinstallationen. Schon 2021 stieg der Preis für Vorprodukte aus Kupfer und Legierungen (wie z.B. Messing und Bronze) um 27 %. Russland gehört zu den größten Kupferexporteuren weltweit. Die Auswirkungen des Krieges zeigen sich auch im Kupferpreis.

Betonstahl: + 70 %

Aus Betonstahlmatten entstehen Bodenplatten, Wände und Decken. Diese Matten waren im März 2022 über 70% teurer als im Vorjahresmonat. Schon in der Pandemie war Stahl knapp. Nun verursachen steigende Energiepreise und der Wegfall von Importen aus der Ukraine und Russland eine weitere Verknappung.

Beton:           + 11 %

Im Vergleich sieht die Entwicklung für Erzeugnisse aus Beton, Zement und Kalksandstein für den Bau ziemlich moderat aus. Zwar steigt der Preis stärker als vor der Pandemie. Im Vergleich zum Februar 2022 stieg der Preis für Beton aber nur noch um 2%.

Ziegel:            +  5%

Noch immer bauen die Deutschen am liebsten mit Ziegeln. Und produziert werden sie oft in Deutschland. Dadurch gab es bisher seltener zu Lieferengpässen als bei anderen Baustoffen. Allerdings ist die Produktion energieintensiv und abhängig vom Gas. Die Gaspreise haben sich zum Februar 2022 um rund 300 % verteuert.

Die Zeitenwende wird nicht durch ein Ereignis, sondern durch zahlreiche miteinander verkettete Kipp-Punkte ausgelöste. Tipping Points treten ein, wenn ein stabiles System in eine instabile Konstellation übergeht. Nach Auflösung des alten Zustands beginnt das evolutionäre Neue. Die größten Dominoeffekte schaffen 2022: Ukraine-Krieg, Lieferkettenbrüche, Rohstoffmangel, Energieengpässe, Materialmangel, China Lockdown, Zinsanstieg, Inflation und verschärfte Kreditanforderungen.

Was sind die Auswirkungen der Multikrise in Kennziffern?

Die wesentlichen Umfrageergebnisse des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie im Mai 2022:

  • 45 % deutscher Bauunternehmen verringern Investitionen
  • 29 % sind von Auftragsstornierungen betroffen
  • 81 % der Bauunternehmen erleben Lieferengpässe
  • 25 % bis 35 % gestiegene Fertigstellungskosten

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