Mai 2022

Abwertung und Aufwertung in der Energiewende

Viele Immobilienbesitzer und Käufer bereiten sich nicht darauf vor, dass hohe energetische Sanierungskosten auf sie zukommen. Parameter wie Heizung, Dämmung oder Solardach werden zum Preisfaktor. Unzureichende Dämmung, eine veraltete Heizung, nicht vorhandene Solarmodule oder ungenutzte Geothermie werden den Immobilienwert zukünftig beeinflussen.

Insbesondere im Kontext der Zeitenwende, mit massiv erhöhten Energiepreisen, reduzieren unnötig erhöhte Energiekosten auch den Immobilienwert. Energiepreise wirken inzwischen in dieselbe Richtung wie steigende Zinsen. So wie steigende Bauzinsen Druck auf die Verkaufspreise bedeuten, reduzieren erhöhte Energiekosten den Property Value. Angesichts steigender Bauzinsen wächst die Unsicherheit, was den weiteren Verlauf der Preisrally im Kontext der Energieverknappung angeht.

Im Mai übersteigt der Gaspreis für Privathaushalte die Marke von 14 Cent pro Kilowattstunde. Der Durchschnittswert für 2021 lag laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft bei 7,06 Cent. Der Gaspreis hat sich somit verdoppelt. Parallel steigen die Bauzinsen steigen von durchschnittlich 1 % für ein 10 Jahresdarlehen im Januar 2022 auf 2,3 % im Mai. Ein Anstieg auf 3 % wird im dritten Quartal 2022 erwartet.

Die CO₂-Abgabe kommt noch obendrauf. Je mehr Kohlendioxid ein Gebäude ausstößt, desto höher die vom Staat geforderte Strafzahlung. Auf 30 Euro pro Tonne CO₂ ist die Abgabe in diesem Jahr gestiegen, im kommenden Jahr sind es 35, ab 2025 dann 55 Euro. Damit liefern steigende Energiepreise Sanierungsanreize.

Demnächst dürfte es weitere Details und Vorschriften im Zusammenhang mit einem neuen Klimaschutz-Paket geben. Die Europäische Union will Mindest-Energiewerte vorschreiben. Die Klassen F, G und H soll es bald nicht mehr geben. Bei Mietern wird gleichzeitig die Zahlungsbereitschaft mit steigenden Energiekosten abnehmen. Das macht sich zwar erst bei einem Vertragswechsel mit einem neuen Mieter bemerkbar. Doch mittelfristig gibt es Vermieter schlecht sanierter Gebäude keinen Ausweg bei der energetischen Miet-Preis-Formel: Je teurer die Heizung, desto niedriger die Miete.

Die Energie-Kennwerte einer Immobilie dürften in die Messung einer Überbewertung künftig stärker mit einfließen. Wo sich die Marktexperten sonst nur mit Quadratmeterpreisen befassten, zählt nun auch der Buchstabe auf dem Energieausweis.

Weg vom Gas, hin zu nachhaltiger Wärme ohne Abhängigkeit von russischen Exporten. Die Bundesregierung macht im Kontext des Krieges in der Ukraine Tempo bei der Umrüstung von Anlagen. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat im März den Fördertopf auf fünf Milliarden Euro aufgestockt. Bis zu 45 % der Umrüstungskosten übernimmt der Bund. Bis 2030 sollen in Deutschland sechs Millionen Wärmepumpen installiert sein. Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima erklärt hierzu, dass 60.000 Monteure und 40.000 Kaufleute fehlen. Personalmangel und unsachgemäßer Einbau führen schon jetzt für häufige Probleme für Immobilienbesitzer.

Die Anlagenkosten hängen vom Zustand und der Lage des Gebäudes ab. Für eine Luft-Wärmepumpe werden inklusive Installation rund 25.000 Euro fällig. Eine Erd-Wärmepumpe kostet um die 22.500 Euro. Hinzu kommen bei der Erdwärme 80 Euro pro Meter Bohrtiefe und 25 Euro/qm für Erdkollektoren.

Eine Grundwasser-Wärmepumpe kostet im Schnitt 23.000 Euro zuzüglich Erschließungskosten von 7.000 Euro. Wenn eine Ölheizung getauscht wird, liegt die Höchstgrenze der förderfähigen Kosten bei 60.000 Euro pro Wohneinheit.

Experten raten dazu, dass man mit Blick auf die Heterogenität der Gebäude, die gesamte Breite der technologischen Lösungen zur Einsparung von CO₂-Emissionen in dem Austauschprogramm berücksichtigen sollte. Gebäude, in denen alte Gas- oder Ölkessel stehen, sind häufig auch sonst in keinem besonders guten Zustand. In solchen Fällen könnte es mehr CO₂-Ersparnis bringen, wenn man zunächst andere Gebäudeteile erneuert.

Der voreilige Einbau einer Wärmepumpe in ältere Gebäude könnte eine weitere Kostenexplosion in Zeiten der Inflation nach sich ziehen. Denn parallel zu den Gaskosten steigen auch die Strompreise immer weiter. Verbraucht eine Wärmepumpe mehr Strom als gedacht, droht eine böse Überraschung. „Nach meinen Erfahrungen laufen Wärmepumpen in Bestandsbauten mit nur mittleren oder schlechteren energetischen Eigenschaften wesentlich ineffizienter als das im Labor berechnet wurde“, sagt Timo Leukefeld, Solarunternehmer und Experte für energieautarke Gebäude

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